Sehr geehrter Herr Bürgermeister Maag,
sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrte Besucherinnen und Besucher!

Mit viel Engagement wurden wichtige Maßnahmen von der Verwaltung in 2023 vorangetrieben. Hier nur einige Beispiele:

• Erweiterung des Angebotes an Krippe- und Kitaplätzen in Ersingen
• Erweitertes Hortangebot: Jetzt in neuer Trägerschaft und Einführung eines Kernzeitangebotes in Bilfingen
• Nutzung vorhandener Räume und Umbau statt Neubau zur Deckung des derzeitigen Bedarfs in der Grundschule Ersingen
• Schulsozialarbeit an unseren Grundschulen
• Erweiterung des Betreuungsangebotes durch eine Naturkita
• Bauhofausbau: Schaffung adäquater Aufenthaltsmöglichkeiten und sanitärer Anlagen
• neue Organisationsstrukturen in unserer Verwaltung
• Veranlassung eines Gutachtens zum Zustand unserer Wasserversorgung und unseres Hallenbads
• Fortführung und Intensivierung unserer Städtepartnerschaft
• Aktivitäten für Kinder und generationsübergreifende Angebote sowie Bürgerbeteiligungen Vielen Dank.

Dieser für 2024 vorgelegte Haushaltsentwurf zeigt sehr deutlich, wie schwierig es ist, unterschiedliche Interessen zu berücksichtigen. Zum einen gilt es, laufende Projekte weiterzuführen und wie den barrierefreien Ausbau des Haltepunkt Bilfingens zu Ende zu bringen, andererseits Beschlossenes, aber noch nicht Angefangenes zu überprüfen möglicherweise neu zu bedenken und neu zu bewerten, wie das Neubaugebiet Bell. In den kommenden Jahren werden die Ausgaben für die Kämpfelbacher Bürgerinnen und Bürger und ihren gemeindlichen Haushalt erheblich steigen. Ursächlich dafür sind die lange geplanten und bisher nicht realisierten Investitionen, wie beispielsweise der 2. Rettungsweg und barrierefreie Ausbau des Bürgerhauses in Ersingen, die Erweiterung des Bildungszentrums, das gemeinsame Feuerwehrhaus, das Neubaugebiet Bell, aber auch der Tarifabschluss im öffentlichen Dienst und die deutlich gestiegene, aktuell glücklicherweise rückläufige Inflation; der Investitionsstau und neue Infrastrukturprojekte wie der geplante Ausbau der Laierbergstraße und notwendige Sanierungsmaßnahmen der Hochbehälter, des Hallenbads … verschärfen die kritische Haushaltslage. Der voraussichtliche Gesamtschuldenstand am Jahresende 2024 wird mit 6.880.000 Euro beziffert. Davon sollen 4 Millionen Euro durch Kredite gedeckt werden. Die Belastungen der Gemeinde, wie beispielsweise das gemeinsame Feuerwehrhaus, der Erweiterungsbau des Bildungszentrums und eine perspektivische Erweiterung der Kirchberghalle, werden in den kommenden Jahren weiter zunehmen, weitere Kreditaufnahmen sind unausweichlich.

Für uns, die Liste Mensch und Umwelt ist ganz klar, dass einige Maßnahmen absolut notwendig und selbstverständlich unsere Unterstützung erhalten, wie z.B. erforderliche Maßnahmen für den Brandschutz und barrierefreie Ausbau des Bürgerhaus Ersingen, damit dieses Haus der Vereine endlich brandschutzkonform von den Vereinen und Besuchern des Heimatmuseums uneingeschränkt genutzt werden kann. Insbesondere der zwingend erforderliche Ausbau des Bildungszentrums und der Bau eines gemeinsamen Feuerwehrhauses sind uns sehr wichtig.

Zusätzliche Aufgaben erfordern finanzielle Mittel Mit großer Unterstützung der Verwaltung, des Bauhofs und der Bereitschaft zum Vermieten von Wohnraum an Geflüchtete konnte Kämpfelbach die Aufnahme und Versorgung von Geflüchteten und Asylsuchenden ermöglichen – wir kommen aber personell an die Grenzen des Leistbaren. Geflüchtete aus der Ukraine, Syrien, Irak, Afghanistan müssen wir viel stärker unterstützen und begleiten bei der Integration in unsere Gesellschaft – das betrifft Bildung, Sprache und Arbeit. Denn sie werden in den nächsten Jahren zusehends unsere Kommune prägen. Deshalb ist die ausreichende personelle Ausstattung der Verwaltung unbedingt notwendig.

Verbesserung unserer Einnahmesituation Kämpfelbach hat seit Jahren ein Einnahmeproblem! Letztmals wurden die Hebesätze in Kämpfelbach 2005 angepasst - vor fast 20 Jahren. Wer die Hebesätze im Enzkreis vergleicht, stellt fest: Kämpfelbacher Hebesätze sind unterdurchschnittlich im enzkreisweiten Vergleich - seit Jahren. Bei einer Anpassung um nur 10 Punkte, wären das rund 50.000 Euro Einnahmen pro Jahr, die wir beispielsweise für die personelle Ausstattung der Verwaltung zur Entlastung und Unterstützung im Bereich der Versorgung und Integration von Geflüchteten nutzen könnten oder als Zuschuss für unsere freiwilligen Aufgaben, wie den Erhalt des Hallenbades oder für die Kinderbetreuung, oder, oder, oder,…. Besser finden wir eine regelmäßige Anpassung - als sich vor unpopulären Themen, über viele Jahre zu drücken. Sonst laufen wir Gefahr, dass wir wichtig, freiwillige Leistungen wie Zuschüsse an Büchereien, Vereine, … streichen müssen.

Gemeinwohlorientierte und klimagerechte Stadtentwicklung „Boden behalten, Kämpfelbach gestalten“. Diesen Leitsatz stellen wir uns für die Stadtentwicklung in Kämpfelbach vor. Flächen in zentralen Lagen sollen für die Bebauung über Vorkaufsrechtes an die Kommune übertragen, die diese dann entwickeln oder weiter veräußern kann. Eine aktive Bodenpolitik trägt maßgeblich zur finanziellen Stabilität unserer Kommune bei. Wir fordern eine Strategie für den Erwerb und die Veräußerung von Grundstücken. Nachhaltiges Flächenmanagement und gemeinwohlorientierte Bodenpolitik muss das Ziel sein. Auf dieser Basis müssen wir bezahlbaren und sozial gebundenen Wohnraum schaffen. Dies lässt sich kaum umsetzen bei einem im Haushaltsentwurf eingestellten Betrag in Höhe von 200.000 Euro.

Instandhaltung der Infrastruktur belastet den Haushalt - auch zukünftig nicht unerheblich. Wir schaffen es nicht, die vorhandene Infrastruktur in unserer bestehenden Gemeinde in Stand zu halten und wollen uns weitere Infrastruktur „zulegen“. Trotz Investitionsstau bei den bereits vorhandenen Kanälen, Straßen und bei der Wasserversorgung, wollen wir zukünftigen Generationen sehenden Auges weiter in die Verschuldung treiben. Für die Umsetzung des Neubaugebiets Bell ist allein dieses Jahr im Haushalt über eine Million Euro veranschlagt. Darüber hinaus sind wichtige Zukunftsthemen für unserer Kommune: Die Trinkwasserversorgung in Kämpfelbach ist durch den Klimawandel gefährdet, sagt der Masterplan des Landes. Nach aktuellem Stand, wird das Wasserkontingent der Bodenseewasserversorgung für Kämpfelbach nicht erhöht werden. Es sollen nun unsere Brunnen ertüchtigt werden. Wir fragen uns, wenn das Trinkwasser bereits jetzt schon knapp für die Menschen in Kämpfelbach ist, wird es überhaupt für die über 100 zusätzliche geplanten Wohneinheiten in Bell reichen? Eine verpflichtende Regenwasserrückhaltung ist im geplanten Neubaugebiet nicht vorgesehen.

Baden-Württemberg hat sich das Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2040 Klimaneutralität zu erreichen. Bisher liegt uns keine Klimabilanz für Kämpfelbach vor. Einsparpotentiale bzw. tatsächliche Einsparungen können so kaum festgestellt werden. Die Windkraft für Kämpfelbach steht auf der Kippe. Wir fragen uns, wie möchte Kämpfelbach klimaneutral werden? Das Klimafolgenanpassungsmanagement ist für zukünftige Generationen elementar. Wir wünschen uns dringend eine generationengerechte Politik.

Sicherung von mehr Lebensqualität, Mobilität und Gesundheit - Verkehrsinfrastruktur neu denken, planen und finanzieren Ein erster Schritt: Tempo 30 in Kämpfelbach Wir hoffen, dass mit der Fortschreibung des Lärmaktionsplanes endlich, ohne dass die Verkehrsbehörde mitmischt, diese Entscheidung zum Wohle der Bürger:innen unserer Wohlfühlgemeinde zeitnah getroffen werden kann. Wir fordern zeitnah aus sicherheitstechnischen Gründen, ein flächendeckendes Tempo 30 in unserer Kommune mit einer Entzerrung der Parksituation. Der Mobilitätssektor trägt 20% zu den deutschen Treibhausemissionen bei. Der Aufbau eines vielfältigen und bezahlbaren intermodalen Mobilitätsangebots mit Carsharing, das dem Fuß-, Rad- und öffentlichen Nahverkehr Vorrang gewährt, denn darin liegt der Schlüssel zu einer Klima- und Umweltschutz vereinbarenden Mobilität - nicht aber, indem ein vorhandener Gehweg zugunsten des ruhenden Verkehrs beseitigt wird, eine Sackgasse zur Durchgangsstraße wird und Anwohner:innenparkplätze zu Lasten der Aufenthaltsqualität und auf Kosten der Allgemeinheit finanziert werden.

Unsere Fraktion Liste Mensch und Umwelt Kämpfelbach ist bezüglich des vorgelegten Haushaltsentwurfs 2024 geteilter Meinung. Sigrid Bellitto und Martina Frey werden, nach reiflicher Abwägung, trotz der vorgetragenen Bedenken, dem vorgelegten Haushaltsentwurf und dem Haushalt des Eigenbetriebs Wasserversorgung zustimmen. In der Hoffnung, dass im Laufe des Jahres sich vieles zum Guten wendet.

Die weitere, bewusste Nicht-Ausschöpfung der Einnahmepotentiale durch eine längst fällige Anpassung der Hebesätze, die Weiterverfolgung des Neubaugebiets Bell, das mit seinen mehrheitlich geplanten Ein- und Doppelhäusern, ein unsinniges, geradezu antiökologisches, auf nur 20 Jahre angelegtes Wohnmodell (denn danach ziehen die Kinder einer Familie wieder aus) favorisiert, und mit der typischen Kleinfamilie eine Planungsvorlage nutzt, die längst überholt ist und alternative Lebensweisen außen vor lässt, kann ich nicht unterstützen. Unsere Mitarbeiter, insbesondere im Bauhof, sind zu ihrer eigentlichen Arbeit mit den Aufgaben der Versorgung von Geflüchteten, stark belastet. Die Schaffung einer zusätzlichen Personalstelle ist aus Kostengründen im Haushaltsplan nicht vorgesehen. Der Erhalt und die Stärkung unserer Manpower sollte es uns Wert sein, meine ich. Im Eigenbetrieb Wasserversorgung nimmt die Verschuldung weiter zu. An einer Neuberechnung des Wasserpreises führt kein Weg vorbei. Im Haushalt 2024 werden wichtige Weichenstellungen in den Bereichen Stadtentwicklung und Flächennutzung und unserer Finanzsituation gelegt. Eine echte Wende – wirtschaftlich und ökologisch – wäre angesagt. Diese kann ich nicht erkennen. Daher kann ich dem vorgelegten Haushalt nicht zustimmen.

Wir danken den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Verwaltung, insbesondere Herrn Jost und seinem Team für die Erstellung des Haushalts. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Christine Fischer
Fraktionssprecherin der Liste Mensch und Umwelt Kämpfelbach